Die Fischindustrie sorgt vor

Unter dem Vorsitzenden Eckart Harland (1990 bis 1993) verfasste der Bundesverband ein "Memorandum zur Versorgungslage der Europäischen Gemeinschaft mit Fisch und Fischerzeugnissen unter besonderer Berücksichtigung der EG 12 mit tiefgefrorenen Filetrohstoffen". Dieses Memorandum wurde von den Mitgliedern des Europäischen Dachverbandes der Fischindustrien (A.I.P.C.E.E.) am 27. September 1991 in Vigo (Spanien) einstimmig gebilligt und den zuständigen nationalen und subnationalen Institutionen übergeben. Als Schlussfolgerung ergab sich aus diesem Memorandum, dass das Angebot an Fisch und Fischerzeugnissen in der Europäischen Gemeinschaft sich zukünftig nur noch zu 50 % aus Fängen der EU-Fischereiflotte und zu 50 % aus Einfuhren aus Drittländern zusammensetzen sollte. Die Versorgung der europäischen Tiefkühlfischindustrie mit gefrorenem Fischfilet ist mit 83 % noch deutlich stärker auf eine internationale Versorgung angewiesen, als dies auf den ersten Blick die Gesamt-Fischbilanz erkennen lässt. Diese Rohwaren werden jedoch bei der Einfuhr an den Außengrenzen der Europäischen Gemeinschaft mit Zöllen belastet. Zölle stellen daher ein internationales Handelshemmnis dar. Rückläufige EG-Fangquoten, und die damit zusammenhängenden Fänge, werden bei wichtigen Weißfischarten die Importabhängigkeit in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen lassen.

Die Versorgung der Europäischen Gemeinschaft aus eigenen Fängen lässt langfristig keine Erholung erkennen. Damit jedoch den EG-Verbrauchern die in den Weltmeeren verfügbaren Fischereiressourcen zu angemessenen Preisen angeboten werden können und komparative Kostenvorteile des internationalen Handels zur Steigung der Wohlfahrt der am Handel Beteiligten genutzt werden sollen, fordern die Unternehmen der europäischen Fischindustrie:
  1. die Umwandlung von Zollkontingenten in Zollaussetzungen,

  2. eine Eröffnung ganz- bzw. mehrjähriger Zollaussetzungen für Fischarten, die nicht in ausreichendem Umfang von EG-Fischern der Fischindustrie zur Verfügung gestellt werden,

  3. rechtzeitigere Entscheidung über die Eröffnung von Zollaussetzungen, damit diese von den Unternehmen bei ihrer langfristigen Planung des Rohstoffbezugs frühzeitig berücksichtigt werden können.

Aufgrund mehrerer Veröffentlichungen, unter anderem über die Dioxinbelastung von Heringen, entstand in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass durch den Fischverzehr, und zwar besonders von Heringen aus der östlichen Ostsee, gesundheitliche Gefahren entstehen können. Der Bundesverband hat die Gefahr dieser öffentlichen Diskussion sofort erkannt und die notwendigen Schritte zur Aufklärung und Versachlichung der Fragestellung unternommen. So wurden unter wissenschaftlicher Beratung Untersuchungen von Fischen aus der Ostsee mit einem hohen Kostenaufwand organisiert und vorgenommen, um das Ausmaß der Belastung festzustellen. Untersuchungen in der Nordsee schlossen sich an. Es erwies sich, dass auch Fische mit Dioxinen und Furanen belastet sein können, dass aber eine gesundheitliche Gefährdung des Verbrauchers durch den Fischverzehr als unwahrscheinlich angesehen werden kann.

Anfang 1990 haben Mitglieder der Fachabteilung "Marinaden, Feinmarinaden und Salate" des Bundesverbandes die "Qualitätsgemeinschaft Marinadenerzeugnisse e. V." als freiwilligen Zusammenschluss gegründet. Zur Steigerung der Qualität haben die Mitglieder der Qualitätsgemeinschaft beschlossen, spezielle Marinadenerzeugnisse auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften der Fisch-Verordnung durch unabhängige Lebensmittelchemiker prüfen zu lassen. Das positive Ergebnis dieser "Selbstkontrolle" bestätigte die hohe Qualität der Verarbeitung dieser Produkte. Der freiwillige Zusammenschluss hielt über 10 Jahre.

Anfang der 90er Jahre besagten Meldungen der Welternährungsorganisation (FAO), dass ein Großteil der weltweiten Fischbestände übernutzt, überfischt oder völlig zusammengebrochen war. Kriegerische Auseinandersetzungen über den Zugang zu wertvollen Fanggründen haben dem Thema "Verfügbarkeit von Fisch" in der öffentlichen Diskussion zusätzlich zu großer anhaltender Aufmerksamkeit verholfen. Mit Elan setzte sich daher der Vorsitzende des Bundesverbandes Jan Pickenpack (1993 bis 1996) für die Erarbeitung von Einkaufsvereinbarungen ein, die um bestandserhaltende Kriterien erweitert wurden. Diese für eine langfristige Rohwarenversorgung wichtigen Themen bestimmten auch die Amtszeit von Peter Greim (1996 bis 2002). Im Bundesmarktverband der Fischwirtschaft e.V. wurde mit der Initiative "Bestandserhaltende Fischerei" ein wichtiges Diskussionsforum gegründet. Darüber hinaus geben viele Unternehmen freiwillig über Fangmethode und Herkunft der Fische bei der Vermarktung Auskunft. Mit der Gründung des Marine Stewardship Councils (MSC; Rat zur Bewahrung der Meere) ermöglichten das Unternehmen Unilever und der WWF (World Wide Fund For Nature) im Jahre 1996 eine weltweite Verbreitung des Gedankens der Förderung einer bestandserhaltenden Fischerei. Im Jahre 2001 folgte die Europäische Gemeinschaft im Rahmen der neuen Fischmarktordnung ebenfalls dieser Transparenzinitiative der deutschen Fischwirtschaft und führte verbindlich ein, dass dem Verbraucher ab dem Jahr 2002 Fischart, Produktionsmethode und Fanggebiet beim Einkauf zahlreicher Fische und Fischereierzeugnisse bekannt gegeben werden muss.

Die PR- und Marketingaktivitäten der Unternehmen der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels wurden bis 1996 vom firmen- und branchenübergreifenden "Fischwirtschaftlichen Marketinginstitut" (FIMA), mit Sitz in Bremerhaven, unterstützt. Grundlage für die Finanzierung des Institutes bildeten nationale Vorschriften. Der Bundesmarktverband der Fischwirtschaft e. V. schlug 1995 unter dem Vorsitzenden Dirk Ahlers und dem Geschäftsführer Folkert Marr dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine Initiative zur Aufhebung des Finanzierungsgesetzes vor. Am 31. Dezember 1996 stellte FIMA die Arbeit ein, da das Ministerium ab 1997 keine finanziellen Mittel zur Durchführung der Absatzförderung zur Verfügung stellte und zum 31. Dezember 1997 das Fischwirtschaftsgesetz auslief.

Als neues PR-Organ der Fischwirtschaft wurde am 16. Juli 1997 unter maßgeblicher Beteiligung der Unternehmen des Bundesverbandes das Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) mit Sitz in Hamburg gegründet. Kernaufgaben des privatrechtlichen Vereins werden aus freiwilligen Beiträgen finanziert. Im ersten Jahr standen dem FIZ Entgelte für Öffentlichkeitsarbeit in Höhe von rund 120.000 DM sowie aus Restmitteln des ehemaligen Fischwirtschaftsgesetzes in Höhe von 270.000 DM zur Verfügung.

Hauptaufgabe des FIZ ist es, im Zeitalter der Kommunikationsgesellschaft, interessante Fischthemen mediengerecht zu kommunizieren. Das Informationsspektrum reicht dabei von Informationen über die Herkunft und Produktions- bzw. Fangmethoden der Fische, über Gesundheits- und Nährwertaspekte bis hin zu Zubereitungshinweisen. Über das Internet (www.fischinfo.de) ist das Angebot des Fisch-Informationszentrums e. V. rund um die Uhr erreichbar. Ansprechpartner im FIZ sind Sonja Redmann (seit 2000) und Dr. Keller (seit Beginn des FIZ 1997).

Seit Mitte 2002 steht Volker Kuntzsch dem Verband als neuer Vorsitzender vor. Er wird von den Herren Dr. Braumann, Dr. Vieten, Stoppel und Laue, die den engeren Vorstand des Bundesverbandes bilden, unterstützt. Neben Dr. Keller als Geschäftsführer sind in der Geschäftsstelle Karin Freddrich (seit 1981), Anja Schimke (seit 1990) und Nicole Heicke (seit 2003) tätig.

Die nächsten Herausforderungen sind bereits bekannt. Mit der Konsolidierung des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechtes (wirksam ab 2005), der Revision der gemeinsamen Fischmarktordnung (2005), der Beratung über die Eröffnung zusätzlicher autonomer Zollkontingente (Ende 2003), dem Beitritt weiterer Länder in die Europäische Gemeinschaft (ab 2004) und der Verhandlungen im Rahmen der World-Trade-Organisation (DOHA-Runde) stehen wichtige Themen auf der Agenda, die vom Bundesverband aufmerksam zum Wohle der Unternehmen der Fischindustrie und des Fischgroßhandels verfolgt werden.

Die ab dem Jahr 2004 wirksame Zusammenführung des Bundesverbandes der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels e.V. mit dem Bundesverband des deutschen Fischgroßhandels e. V. unterstreicht die Zukunftsfähigkeit des Bundesverbandes.

Der Bundesverband ist für die Zukunft gut gerüstet. Der Einsatz moderner Informationstechniken erlaubt eine schnelle und kostengünstige Information der Mitglieder. Mit der Einrichtung der Fachabteilungen für die einzelnen Branchensegmente stellt der Bundesverband sicher, dass zwischen den Mitgliedern eine effektive Kommunikation möglich ist.

Weiterhin organisiert der Bundesverband für seine Mitglieder zu aktuellen Themen Informations- und Kommunikationsforen wie das Fischhygiene-Forum und die zweimal im Jahr stattfindenden Gespräche über die wissenschaftlichen Fangempfehlungen.

Ein wichtiges Gremium ist der Wissenschaftlich-Technische Ausschuss (WITEA) des Bundesverbandes, der Vorstand und Geschäftsführung bei der Prüfung von Vorschlägen und zur Erarbeitung von Stellungnahmen zu Verordnungen des Lebensmittelrechtes berät.

Über die Anbindung des Bundesverbandes an die Europäische Vereinigung der Fischindustrie (A.I.P.C.E) wird gewährleistet, dass internationale Aspekte des Sektors über die Grenzen hinweg berücksichtigt werden.